Blutzucker auf Abwegen - DDS unterstützt Leipziger Forschungsprojekt

Leipziger Förderprojekt entschlüsselt potentielle Mechanismen für den Blutzucker-senkendenden Effekt einer gesteigerten Verzweigung der Blutgefäße

Angiopoietin-1 (Ang-1) ist ein sogenannter Wachstumsfaktor (= Signalmolekül, das Informationen zwischen Zellen übermittelt) mit angiogenetischen Eigenschaften, d.h. es spielt eine zentrale Rolle bei der Modellierung und Stabilisierung von Blutgefäßen (= Angiogenese). Mit dem stabileren, löslichen Cartilage Oligomeric Matrixprotein (COMP) Ang-1 existiert zudem eine synthetische und biologisch aktivere Ang-1-Variante. Diese könnte unter anderem für eine therapeutische Angiogenese-Stimulation (z.B. bei peripher-arterieller Verschlusskrankheit) von Bedeutung sein.

Die Arbeitsgruppe um Dr. Joanna Kosacka an der Klinik und Poliklinik für Endokrinologie und Nephrologie in Leipzig konnte darüber hinaus zeigen, dass COMP-Ang-1 den Blutzuckerspiegel in Mäusen mit Leptin-Defizit (ob/ob) senkt (Kosacka et al. 2012). Den molekularen Mechanismen hinter diesem Effekt widmete sich ihre Arbeitsgruppe nun im Förderprojekt „Molekulare Effekte von COMP-Angiopoietin-1 (COMP-Ang-1) in Protektion gegen Hyperglykämie in Leptin-defizienten (ob/ob) Mäusen“.

Um sich die anti-hyperglykämische Wirkung des COMP-Ang-1 genauer anzusehen, verglichen die Forscher Mäuse, die über 21 Tage das COMP-Ang-1 bzw. ein Placebo erhielten. Bei gleichbleibendem Körpergewicht konnte bei den COMP-Ang-1-Mäusen der Blutzuckerspiegel signifikant gesenkt werden. Gleichzeitig sank auch der HbA1c auf unter 6%, während die Werte in der unbehandelten Kontrollgruppe im diabetischen Bereich zwischen 6% und 8% blieben.

Mittels euglykämisch-hyperinsulinämischem Clamptest konnte gezeigt werden, dass unter COMP-Ang-1-Gabe nur die insulin-abhängige Glukoseaufnahme im Gehirn, in der Milz und im Pankreas signifikant anstieg. Für die Leber war aber immerhin eine Tendenz zur verbesserten Glukoseaufnahme zu beobachten.

 

COMP-Ang-1 scheint Teil eines Regelkreises zu sein, in dem verschiedene Akteure an der Senkung des Blutzuckerspiegels beteiligt sind

Diese Ergebnisse werden durch den Nachweis der vermehrten Bereitstellung des Glukosetransporters GLUT-1 in Gehirn, Milz, Leber und Pankreas bei den behandelten Mäusen gestützt. Dieser Glukosetransporter ist bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus im Pankreas, im Fettgewebe und in der Leber nicht voll funktionsfähig mit entsprechender Verminderung des Glukosetransports in diese Zellen.

Bei Typ-2-Diabetes mellitus führen Veränderungen/Schäden an den Blutgefäßen (Mikroangiopathie und Arteriosklerose) zu einer Minderversorgung der Gewebe mit Sauerstoff (Hypoxie) und Nährstoffen, wobei nicht nur Herz, Nieren und Gehirn, sondern auch die unteren Extremitäten (Unterschenkel, Füße) betroffen sind. Dies beeinträchtigt insbesondere bei Nervenfunktionsstörungen die Wundheilung und führt zur Entwicklung des diabetischen Fußsyndroms. Verschärfend kommt hinzu, dass bei Typ-2-Diabetes unter hyperglykämischen und hypoxischen Bedingungen die Aktivität des Regulators HIF-1 alpha (Hypoxie-induzierbarer Faktor 1-alpha) herabgesetzt ist. Dieser Faktor steuert eine Reihe von Funktionen, die die Sauerstoffverfügbarkeit verbessern bzw. es dem Körper erleichtern, sich dem Sauerstoffdefizit anzupassen.

Nach der Behandlung mit COMP-Ang-1 konnte hingegen in Gehirn, Milz und Pankreas eine gesteigerte Aktivität des Regulators HIF-1 alpha festgestellt werden.

Die aktuellen Ergebnisse dienen nun als Grundlage für ein 60-tägiges Folgeprojekt zum Effekt einer Langzeit-Applikation von COMP-Ang-1. Ließe sich dadurch eine vollständige Normalisierung der Blutzuckerwerte erreichen, könnte dies einen weiteren wichtigen Ansatz zur Entwicklung neuer Therapiestrategien bei Typ 2 Diabetes mellitus bieten.

 

Die DDS hat diese Forschungsarbeiten im Rahmen ihrer Zweckverwirklichung mit 10.000 Euro finanziell unterstützt.

 

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