Seit einem knappen Jahr müssen wir nun mit diesem ungebetenen, bösartigen Virus zusammenleben, das sich in Rekordzeit flächendeckend über die Erde ausbreitet und diese medizinisch und gesellschaftlich extrem herausfordert. Mit vergleichbarer Wucht hat es auch die Nachrichtenwelt erfasst, die uns täglich mit Zahlen zu Neuinfektionen, aktiven und genesenen Fällen, traurigen Todesfällen und belegten Intensivbetten versorgt. Corona hat unsere Aufmerksamkeit beinahe exklusiv auf sich gezogen und zwingt uns gleichzeitig wegen seiner Ansteckungskraft zu Kontaktbeschränkungen.
Durchaus verständlich, dass man in der aktuellen Gemengelage nicht unbedingt an den Weltdiabetestag am 14. November denkt. Das haben viele Menschen im Übrigen auch vor Corona nicht getan. Dennoch lohnt sich, vielleicht gerade in diesem Jahr, ein Blick auf diesen Tag.
Mittlerweile wissen wir, dass ein manifester Diabetes das Risiko für einen schwereren Verlauf der durch das Coronavirus ausgelösten COVID-19-Erkrankung deutlich erhöhen kann. Dies gilt sogar schon für seine Vorstufe, den Prädiabetes. Mit zunehmender Anzahl an Begleit- und Folgeerkrankungen und in Abhängigkeit vom Grad der Ausprägung steigt dieses Risiko weiter an. Starkes Übergewicht, auch bekannt als Adipositas, kann für sich alleine oder in Kombination mit einem insbesondere schlecht eingestellten Diabetes einen COVID-19-Verlauf daher maßgebend verschlechtern.
Ernährungsmediziner aus München, darunter Prof. Dr. Hans Hauner, Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin an der TU München und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Diabetes Stiftung, haben in einer aktuellen Forsa-Studie u.a. herausgefunden, dass sich die Corona-Pandemie negativ auf das Gewicht von Kindern auswirkt: 9 % der Kinder unter 14 Jahren haben in der Zeit zwischen dem ersten Lockdown im März und der im Rahmen der Studie durchgeführten Umfrage im September an Gewicht zugenommen. Noch schwerer erging es vielen Eltern: 27 % der befragten Mütter und Väter haben in den vergangenen Monaten an Gewicht zugelegt. Nicht selten Menschen, die bereits vor Corona mit starkem Übergewicht zu kämpfen hatten.
Und jetzt, im zweiten Lockdown, mit geschlossenen Sporthallen, eingestelltem Vereinssport und dem von Social Distancing-geprägten Winter vor der Tür sind die Voraussetzungen für eine Trendwende auf der Waage sicherlich nicht die besten. Und doch kann der „Mangel an Möglichkeiten“, wie wir ihn gerade in fast allen Bereichen des Lebens vorfinden, eine Chance bieten, seinen Lebensstil positiv zu verändern. Dinge verändern sich häufig erst im Angesicht einer Krise zum Positiven. Dafür gibt es zahllose Beispiele, auch in diesen Monaten, in denen gezeigt werden konnte, dass selbst vorher gesunde, sportliche junge Menschen schwer an COVID-19 erkranken und nicht selten lange nach überstandener Infektion an schwerwiegenden Folgen leiden.
Seinen Lebensstil nachhaltig zu verändern und „ungünstige“ Gewohnheiten abzulegen, bedeutet viel Arbeit. Und doch lohnt sie sich, da uns der Körper schon für kleine Veränderungen belohnt. Eine Auswertung der großangelegten, europäischen EPIC-Studie hat bereits im Jahr 2010 ergeben, dass man sein potenzielles Diabetes-Risiko durch eine ausgewogene Ernährung um ca. 25 bis 40 % senken kann – ähnlich einer medikamentösen Therapie (31 %). Wenn es einem dazu noch gelingt, sein Gewicht leicht zu reduzieren (um 5-7 %) – dies klappt häufig schon mit 150 Minuten moderaten Sport pro Woche –, senkt man sein Diabetesrisiko um 58 %. Aber Achtung, dieser Mechanismus gilt ebenso für die andere Richtung – dann aber auch mit gegenteiligem Effekt: Gerade im jungen Erwachsenalter von 25 bis 40 Jahren kann selbst eine verschwindend geringe Gewichtszunahme von 2 bis 3 Kilogramm das Typ-2-Diabetesrisiko bereits um 25 % erhöhen. Nimmt man mehr als 12 Kilogramm zu, erhöht das bei Männern das Diabetesrisiko um das 1,5fache und bei Frauen sogar um das 4,3fache.
Schauen Sie doch direkt in unsere Broschüre „Was kann ich tun, um gesund zu bleiben?“. Darin haben wir die Grundlagen zusammengefasst, mit denen Sie einen erfolgreichen Lebensstilwechsel erreichen können. Fünfzig Seiten, die Ihnen in Sachen Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung deutlich helfen können.
Anlässlich des Weltdiabetestages am 14. November möchten wir Sie natürlich auch ermutigen, trotz Corona kurz über Diabetes nachzudenken. Am besten geht das vielleicht, wenn Sie den GesundheitsCheck DIABETES (FINDRISK) machen. Acht Fragen, mit deren Beantwortung Sie Ihr individuelles Risiko, in den nächsten 10 Jahren an Typ-2-Diabetes zu erkranken, einfach und schnell ermitteln können. Hier geht es zum Online-Fragebogen und Online-Auswertung.
Warum findet der Weltdiabetestag eigentlich am 14. November statt? Ganz einfach, dies war der Geburtstag von Frederick G. Banting, einem der Entdecker des Insulins. 1921 gelang ihnen dieser Meilenstein der Medizin, dem Millionen von Menschen ihr Leben verdanken. Ein Jahr nach dem Ende der Spanischen Grippe übrigens, die in Entwicklung und Verlauf oft mit der heutigen Corona-Pandemie verglichen wird. Sollte eine unwahrscheinliche Logik dahinterstecken, können wir sehr gespannt auf das hoffentlich bald einsetzende Pandemie-Ende blicken.